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Abbruch 2010

 

16. Fachtagung “Abbruch und Rückbau”
Qualität und Qualifizierung im Abbruchgewerbe

Große Erfolge bei Leistungen des Abbruchgewerbes

Die schwierigen Bedingungen – Finanzkrise und Schneechaos – blieben nicht ohne Einfluss auf das Abbruchgewerbe allgemein und die Tagungsteilnehmer im speziellen. Dennoch konnte der Leiter der Veranstaltung, Herr Dr.-Ing. Korth, ASCO GmbH, wieder über 400 Fachkollegen und 45 Aussteller sowie Teilnehmer aus Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, den Niederlanden, Österreich und Tschechien begrüßen. Ein besonderer Gruß galt dem Präsidenten des Europäischen Abbruchverbandes EDA, Herrn Yves Canessa aus Frankreich. Nach einem kurzen Rückblick überreichte Dr. Korth einigen Fachkollegen für ihre bisherige Förderung der Veranstaltung einen Gedenkmünzensatz der BRD und zwar an die Herren Kulik, Lippok, Püsche, Werner und Frau Petzold.

Tagungssaal der Fachtagung

Blick ins Publikum der Fachtagung 2010

Erstaunlich war die große Aufmerksamkeit der Fachkollegen an fast allen Referaten – ein Beweis für die richtige Themenwahl. Deshalb soll diese anerkannte Veranstaltungsreihe fortgesetzt werden – und zwar ab 2011 durch den Deutschen Abbruchverband. Damit bleibt diese Möglichkeit der jährlichen Fortbildung und des Meinungsaustausches auch für die nächsten Jahre gesichert.

Bereits aus dem Bericht des Vorsitzenden des Deutschen Abbruchverbandes, Herrn Walter Werner, war die Vielfalt der zu lösenden Aufgaben und Aktivitäten zu erkennen. Dies betrifft vor allem die Belange der Weiterbildung und der Qualität.

Dem entsprechend werden auch bessere personelle und materielle Voraussetzungen im Verband geschaffen. Als sehr positiv wurde die Wiederaufnahme des Deutschen Abbruchverbandes in den Europäischen Verband EDA betrachtet.

Großes Interesse fand der Bericht von Prof. Dr. Görisch, Karlsruhe, über die VDI-Richtlinie 6210 „Abbruch und Rückbau“. Diese Richtlinie wird 2011 im Entwurf  erarbeitet und dann auf einer Forumsdiskussion der nächsten Fachtagung zur Diskussion gestellt. Sie dürfte eine wertvolle Ergänzung zur ATV DIN 18459 „Abbruch- und Rückbauarbeiten“ werden. Auf der Tagung wurden zunächst aber nur die Grundlagen und Zusammenhänge der VDI-Richtlinien allgemein und die künftige Verfahrensweise bei der Erarbeitung der VDI-Richtlinie 6210 vorgestellt.

Die Qualifizierung zum geprüften Abbruchbaggerfahrer, vorgestellt von Herrn Ehrmann, Bayerische Bauakademie Feuchtwangen, war der Anlass zu einer lebhaften Diskussion. Mit der Ausbildung und Prüfung von Abbruchbaggerfahrern besonders mit Longfrontausrüstung wird eine Lücke der allgemeinen Qualifizierung im Bauwesen geschlossen. Verbindliche Regelungen und organisatorische Maßnahmen werden 2010 noch diskutiert und – hoffentlich – abgeschlossen.

 „Aus Fehlern lernen – Unfälle bei Abbrucharbeiten“ war das Thema von Herrn Westphal, BG BAU Hamburg. Anhand mehrerer Beispiele war wieder zu erkennen, dass die Ursachen für zumeist schwere oder tödliche Unfälle in der Missachtung von Sicherheitsvorschriften lagen. Besonders negativ wirkt sich die Durchführung von Abbrucharbeiten durch unqualifizierte Personen aus.

Herr von Rüsten, BG BAU Berlin, berichtete über „Grundlagen und Verstöße bei der Verkehrssicherung von Abbrucharbeiten“. Leider waren oftmals die für Verkehrsbeschränkungen erforderlichen Sicherungsmaßnahmen und deren Bedeutung nicht allen Verantwortlichen für die Bauarbeiten bekannt. Insofern boten die Ausführungen wichtige Einblicke in verkehrsrechtliche Anordnungen und Kontrollpflichten.

Sehr interessant und emotionell vorgetragen berichtete Herr Schröder, Richard Liesegang GmbH Hürth, über die Bergungs- und Abbrucharbeiten des Kölner Stadtarchivs. Als besonders wichtig für die qualitätsgerechte Schadensbeseitigung war das enge, verständnisvolle Zusammenwirken aller Beteiligten. Erschwert wurden die Arbeiten durch die Suche nach den vermissten Personen.

Einen hohen Schwierigkeitsgrad bei unterirdischem Abbruch schilderte Herr Sauermilch, THK Hermsdorf. Für den Abbruch von Fundamenten beim Herstellen eines weiteren Tiefgeschosses erfolgten die Abbrucharbeiten unter großen Schwierigkeiten. Nach dem Abbruch des alten Fundamentes musste der verbliebene Stützenquerschnitt mit Wasserstrahlarbeiten freigelegt werden. Erst nach dem Herstellen der neuen Stützen konnten die provisorischen Pfähle beseitigt und das neue Untergeschoss ausgebaut werden. Eine Filmdokumentation zeigte eindrucksvoll die Kompliziertheit und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen.

Fehler und Mängel beim Sicherheitsplan für Abbruch“ behandelte Herr Schmidt, KSM Baumanagement Gröbenzell. Er erläuterte die Wichtigkeit des Sicherheitsplans für die Baustelle. Hierbei wurden die Verantwortlichkeiten und notwendigen Planungsdaten sowie die Sicherheitsplanung bei der Baustellenvorbereitung und Baustellenabwicklung dargestellt. Die Koordinierung und Umsetzung bei vielen Rückbauprojekten erfordern eine gute Ausbildung und die Erfahrung des eingesetzten Personals besonders im Hinblick auf die Sicherheitsplanung.

Über den Abbruch einer 900 t schweren Stahlbrücke berichtete Herr Eggle, Max Wild GmbH, Berkheim/Illerbachen. Die Stabbogenbrücke hatte eine Stützweite von 93,5m  und eine Gesamtnutzungsbreite von 10,1 m. Für den Rückbau wurde der von der Abbruchfirma unterbreitete Vorschlag realisiert, indem die Raupenkräne den Überbau so weit aushoben, dass sie mittig an den Bögen und den Längsträgern getrennt werden konnten. Anschließend wurden die getrennten Überbauten ausgehoben, seitlich am Ufer abgelegt und dort zum Abtransport zerlegt. Eine besondere Schwierigkeit bestand darin, dass die erforderlichen zwei großen Raupenkräne nur an einem bestimmten Wochenende zur Verfügung standen.                                                             

Herr Walter Werner, Sachverständigenbüro für Sprengtechnik, Stolberg, gab einen Einblick über die Probleme und Erkenntnisse beim Abbruch von Luftschutzbunkern. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Konstruktionsarten ergaben sich Schlussfolgerungen für die jeweils einzusetzenden zweckmäßigsten Verfahren. In dem gut gegliederten und mit vielen praxisnahen Aussagen versehenen Bericht wurden wertvolle Erkenntnisse hinsichtlich der jeweiligen Leistungsgrenzen und Einsatzmöglichkeiten abgeleitet.

In dem Referat „Besonderheiten beim Abbruch von Kraftwerken“ schilderte A. Kraft, TVF Altwert GmbH, Lübbenau, zunächst die verschiedenen Kraftwerksarten und die speziellen Hauptkomponenten eines Kraftwerkes. Neben den jeweiligen Besonderheiten wurden die Kontaminationen bzw. Schadstoffe der verschiedenen Gebäude und –teile angegeben sowie die Sicherheit und Abbruchtechnik besonderer Anlagen vorgestellt. Abschließend behandelte der Referent spezielle Kraftwerkstypen, wie Heizkraftwerk bzw. Müllheizkraftwerk und Kernkraftwerke. Dieser sehr interessante Vortrag endete in den Schlussfolgerungen, dass es unerlässlich ist, vor Beginn der Arbeiten eine Bestandsaufnahme durchzuführen sowie die Prüfung der Bausubstanz und Ermittlung der Schadstoffe beim Rückbaukonzept zu berücksichtigen.

Über eine „Bildliche Sicherheitsschulung von Abbrucharbeitern“ informierte C. Buschendorf, EUROVIA, aus Frankreich. Hierbei werden mögliche Situationen beim Abbruch dargestellt und der Abbrucharbeiter wird hinsichtlich seiner Sicherheits- kenntnisse überprüft. Dieses System ist einfach und anschaulich. Es soll in einigen Betrieben zu einer wesentlichen Verringerung der Anzahl und Schwere von Arbeitsunfällen geführt haben.

Die durch eine filmische Darstellung ergänzte Faltsprengung der 300 m hohen Schornsteine im Kraftwerk Boxberg wurde von H. Schleicher, EUROVIA Beton GmbH, Suhl, anschaulich präsentiert. Das Herstellen der Bohrlöcher und Einbringen der Sprengladungen in 33, 120 und 210 m Höhe erforderte sehr viel Fachkenntnis und exaktes Einhalten der Sicherheitsforderungen. Die Sprengung der beiden Schornsteine erfolgte mit einer Zeitverzögerung von 3 s mittels elektronischer Zündung und verlief erfolgreich. Die insgesamt 42000 t Beton fielen in die vorgesehene Fallrichtung, ohne Schäden zu verursachen.

Durch Herrn M. Hopfe, Thüringer Sprenggesellschaft mbH, Kaulsdorf, wurde ein neuer Flyer über die technologischen Weiterentwicklungen und Vorteile der Abbruchsprengungen mit viel Enthusiasmus vorgestellt. Insgesamt bleibt festzustellen, dass viele Auftraggeber die Einsatzmöglichkeiten der Sprengtechnik hinsichtlich Sicherheit und Wirtschaftlichkeit unterschätzen.

Prof. Dr. Jehle, Ingenieurbüro für Projektplanung und –steuerung, Dresden, kommentierte die ATV DIN 18459 „Abbruch- und Rückbauarbeiten“ unter besonderer Berücksichtigung der hierfür zu beachtenden Grundlage, z.B. ATV DIN 18299. Wesentlich ist hierbei, dass dem Ausführenden eine freie Verfahrenswahl mit der alleinigen Verantwortung an die Standfestigkeit der abzubrechenden baulichen Anlagen obliegt. Bei den verbleibenden bzw. zu erhaltenden Bauwerksteilen oder Bauwerken hat der Auftraggeber die erforderlichen Nachweise innerhalb der Ausschreibungsphase zusammenzustellen und dem jeweiligen Bieter rechtzeitig zur Kenntnis zu geben. Der Auftraggeber bzw. Planer muss in der Leistungsbeschreibung alle verfahrensbeeinflussenden Faktoren zusammenstellen, die erst eine reale Kalkulation der Preise ermöglichen, z.B. Angaben über Anschlüsse zu verbleibenden Bauteilen, Hinweise über zu sichernde Bauteile, Angaben zu Installations- und Einbauteilen. Mit der Beauftragung eines qualifizierten Fachunternehmens darf die Planung von Abbrucharbeiten auf keinen Fall vernachlässigt werden.

Den Einsatz von ferngesteuerten Abbruchgeräten schilderte R. Zeller, Zeller GmbH, Offenbach, anhand praktischer Erfahrungen sehr anschaulich. Hierbei wurde bewusst zwischen Roboter und Minibagger unterschieden. Hinsichtlich der Leistung ergaben sich große Unterschiede bei Elektrogeräten und Baggern mit Verbrennungsmotor. Bei den Betriebskosten ergeben sich für den Elektroantrieb einige Vorteile, die jedoch für besondere Maßnahmen bei den Zuleitungskabeln verringert werden. Als ungünstig ist bei den Geräten mit Elektromotor das ungewohnte Handling selbst durch langjährig erfahrene Baggerfahrer zu verzeichnen. Auch sind beim Bedienen des Gerätes die Bedingungen ohne den Schutz einer vibrationsgedämpften und beheizten Fahrerkabine sehr erschwert. Gegenwärtig sind die Anschaffungskosten eines Roboters im Vergleich zu Minibagger etwa doppelt bis dreifach höher. Ein Ad-hoc-Service und die Reparatur elektronischer Bestandteile sind bei Robotern z. Z. erschwert.

Den Abschluss der Vorträge bildeten für Abbruchunternehmer interessante Beispiele der Rechtssprechung, dargestellt durch RA A. Pocha, Deutscher Abbruchverband, Düsseldorf. Als Beispiele hierfür seien genannt: Die Bewertung von Referenzen, die Bedeutung einer Preisobergrenze, Auswirkungen bei der Zuschlagsverzögerung auf neue Ausführungsfristen, Kündigung bei Versäumen von Zwischenfristen, Mehrvergütung bei Sperrung eines vorgesehenen Transportweges. Die geschilderten Beispiele fanden die Aufmerksamkeit auch der nahezu erschöpften Tagungsteilnehmer.

Der zweite Tagungstag fand in der Podiumsdiskussion mit über 60 Teilnehmern eine unerwartet hohe Beteiligung. Die von Herrn Kraft, TVF Altwert. vorgestellte Handlungsanleitung des Deutschen Abbruchverbandes zur Gefährdungsbeurteilung führte zu mehreren Diskussionen – auch über andere Spezialprobleme. Es bleibt festzustellen, dass das Fehlen einer Gefährdungsanalyse – die stets einen gewissen Zeitaufwand erfordert - bei einem Unfall zu großen Nachteilen für den Verantwortlichen führen kann.

Unerklärlich blieb die geringe Beteiligung an den Fachexkursionen, die zu einigen Abbruchobjekten führten, wie Parkhaus Behrenstrasse, Schwimmbad Kadettenanstalt, Kraftwerk Lichterfelde, und durch die Besichtigung des Fichtebunkers – des größten Luftschutzbunkers in einem Gasometer – sowie des deutsch-russischen Museums ergänzt wurden. Die Teilnehmer jedenfalls waren sehr beeindruckt und dankbar für das gute Programm.

Abschließend noch zwei wichtige Hinweise:

  • Der wesentliche Inhalt aller Vorträge ist in der 110seitigen Tagungsschrift enthalten, die bei ASCO (Fax: 030 / 5082906) für 25,00 € (incl. MWSt und Porto) bestellt werden kann.
  • Die nächste Abbruchtagung wird am 18. und 19. März 2011 wieder in Berlin durchgeführt. Hierzu erfolgen rechtzeitig die Einladungen durch den Deutschen Abbruchverband.

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